Amtsgericht 1913

Anno 1753 wurden im Rahmen einer Neuordnung der preußischen Justiz für das Herzogtum Kleve und die Grafschaft Mark fast alle landesherrlichen Gerichte abgeschafft.

An die Stelle der vielen Einzelrichter traten die neuen mit einem Richter und zwei Assessoren kollegial besetzten Landgerichte.
Auch das Gericht zu Meinerzhagen wurde in diesem Zusammenhang aufgelöst; der hiesige Richter Johann Caspar Wever wurde als erster Landgerichtsassessor an das für Meinerzhagen zuständige Landgericht Lüdenscheid berufen.

Obwohl sich das System der Landgerichtsverfassung trotz der folgenden schweren Kriegszeiten 1756 - 1763 als funktionsfähig erwies, stellten sich doch bald einige Mängel vor allem im Hinblick auf eine zügige Rechtssprechung ein. Auch mußten die Gerichtseingesessenen je nach Lage ihres zuständigen Landgerichtes einen weiteren Weg in Kauf nehmen. So benötigte man allein für die Reise von Valbert nach Lüdenscheid ca. drei Stunden, im Winter war dieser Weg nur unter erheblichen Strapazen möglich. Da sich außerdem die bisherigen Gerichtsorte eines regen Besucherverkehrs erfreut hatten, mußten diese nun als Folge dieser Veränderungen auch wirtschaftliche Einbußen in Kauf nehmen, die sicherlich nicht unerheblich gewesen sein dürften.

Stadtwappen Meinerzhagen

Durch diese Umstände fühlten sich die Meinerzhagener Einwohner veranlaßt, im Jahre 1826 durch die Person des damaligen Bürgermeisters Gerlach die Bitte an das Landratsamt Altena zu richten, wieder ein eigenes Gericht oder zumindest doch eine monatliche Gerichtskommission in Meinerzhagen einzusetzen. Eine solche Kommission für den Bezirk Stadt (mit 764 Einw.) und Kirchspiel (mit 1.320 Einw.) Meinerzhagen, Valbert, Kierspe und Rönsahl sollte die jeweiligen Angelegenheiten in Sterbefällen, vormundschaftlichen Verhandlungen, Hypothekensachen, etc. übernehmen. Die für eine solche Einrichtung anfallenden Kosten wollte die Stadt Meinerzhagen zu zwei Drittel und das Kirchspiel zu einem Drittel übernehmen. Insgesamt versprach man sich hiervon nicht nur eine schnellere und wohlfeilere Rechtspflege, sondern auch einen gewissen wirtschaftlichen Profit.


Schon bald erfolgte die Zustimmung von seiten des königlichen Landratsamtes zu Altena und des Oberlandesgerichts Hamm als den zuständigen Stellen: Vom 01. Juli 1828 an sollte durch einen Deputierten des Landgerichts Lüdenscheid ein Gerichtstag zu Meinerzhagen abgehalten werden, und zwar im Winter alle sechs Wochen acht Tage hintereinander, im Sommer jedoch seltener, da in dieser Jahreszeit der Weg nach Lüdenscheid eher zugemutet werden konnte. Die hiesige Gemeindeverwaltung hatte für die benötigten Räumlichkeiten, nebst Heizung und Möbel Sorge zu tragen.

Bürgermeister Gerlach meldete am 19. Mai 1828 nach Altena: Man habe für die Gerichtskommission das Haus des Gastwirtes Ohler für 4 Reichstaler pro Monat angemietet, dieses jedoch nur für unbestimmte Zeit getan, da man in naher Zukunft entweder ein geeignetes Gebäude ankaufen oder selber erbauen wolle.

Es wurden Überlegungen angestellt, ob man nicht in diesem Haus auch die gesamte Gemeindeverwaltung unterbringen sollte.

Am 01. April 1830 erging der Beschluß, die bisher temporäre Gerichtskommission in eine permanente umzuwandeln. Die Frage nach den geeigneten Räumlichkeiten stellte sich nun um so dringender, da ein nun auf Dauer zu unterhaltendes Gerichtslokal dementsprechend ein höheres Personalaufkommen erforderte als ein monatlicher Gerichtstag. Eine Lösung war indes nicht in Sicht. Durch die Beengtheit der angemieteten Räume schien jedenfalls eine reibungslose Tätigkeit der Kommission derart gefährdet zu sein, daß sich der Gerichtskommissar Dulheuer einige Jahre später an das Landratsamt Altena wandte um gegen die unhaltbaren Zustände zu protestieren.

Sowohl das Oberlandesgericht als auch die königliche Regierung zu Arnsberg waren nun davon überzeugt, dass in absehbarer Zeit zu einer für alle Beteiligten akzeptablen Lösung gelangt werden mußte, und erteilte daher der Gemeindevertretung von Meinerzhagen die entsprechende Weisung. Gemäß der vorangegangenen Überlegungen plädierte diese nach wie vor für den Neubau eines Hauses, in welchem sowohl die Verwaltung als auch die Gerichtskommission untergebracht werden konnte.

Jahre sollten jedoch noch vergehen, bis dieses Vorhaben tatsächlich umgesetzt wurde, da man sich nicht auf den hierfür geeigneten Baugrund einigen konnte. Nach fast zwanzigjähriger Uneinigkeit entschieden sich die Gemeindeverordneten von Meinerzhagen endlich am 20. November 1847 einstimmig für den Bauplatz auf der "Vollmannschen Wiese". Dem gesamten Vorhaben setzte das Justizministerium am 22. Juni 1848 durch eine Verfügung ein kurzfristiges Ende: Alle geplante Neubauten und Hauptreparaturen von Gerichtsgebäuden seien wegen der bevorstehenden Veränderungen in den Gerichtsbezirkseinteilungen sofort einzustellen.

Daraufhin wurde am 01. Oktober 1848 das "Beversche Haus" an der Schmiemicke angemietet. Zum Schutz der Zahlstelle wurden an einigen Fenstern Eisenstangen angebracht, im Keller zwei Gefängnisräume eingerichtet und 1853 noch ein dritter.

Altes Rathaus Oststr.

Am 14. November 1857 war das neu erbaute Rathaus der Stadt Meinerzhagen an der Oststraße fertig.

Da das Haus an der Oststraße ursprünglich als Sitz der hiesigen Gerichtskommission gedacht war, stand dieser auch im Falle des Bedarfs das alleinige Benutzungsrecht zu. Sollte also das Gericht Anspruch auf alle Räumlichkeiten erheben, hatte die Gemeindeverwaltung dieses Haus zu verlassen. Als im Jahre 1878 in Folge des deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes in Meinerzhagen ein Amtsgericht eingerichtet wurde trat dieser Fall ein und die Gemeindeverwaltung hatte das Rathaus an der Oststraße zu verlassen.

1913 wurde das Grundstück und Gebäude Eigentum der Justizverwaltung, im darauffolgenden Jahr verließ das Amtsgericht dieses Haus und bezog die neuen Räume an der Gerichtsstraße.

vor der Renovierung Amtsgericht Meinerzhagen in der Oststraße von 1857 - 1913/14 vor der Renovierung

 
nach der Renovierung ...nach der Renovierung

Herzlichen Dank dem Stadtarchiv der Stadt Meinerzhagen, das uns diese Informationen und die Bilder zur Verfügung gestellt hat.